Wie kann man gefälschte Produkte aus den chinesischen E-Commerce-Plattformen und Social Media nachhaltig entfernen?

Gefälschte Produkte sind in China leider an der Tagesordnung. Insbesondere bei Online-Plattformen und auf Social Media Accounts tauchen Produktfälschungen regelmäßig auf. Die wichtigsten Akteure des E-Commerce in China sind die Alibaba-Group, die 70% des gesamten E-Commerce-Marktes in China mit Taobao und Tmall beherrscht und als zweites JD.Com, mit einem Marktanteil von ca. 20%. Während der letzten Jahre haben sich alle Betreiber bemüht den anhaltenden Strom von Produktfälschungen einzudämmen und haben verschiedene Maßnahmen ergriffen, um das Anbieten von gefälschten Produkten zu erschweren. Der Erfolg dieser Bemühungen ist zwar spürbar, aber immer noch nicht nachhaltig erfolgreich.

Laut einer Untersuchung der Landesverwaltung für Industrie und Handel der VR China (SAIC) und der China Consumers Association im Jahr 2015, gab es bei einer Stichprobe immer noch 7 von 9 E-Commerce-Plattformen, die gefälschte oder minderwertige Waren (1b oder schlechter, wahrscheinlich aus den Produktionsprozessen aussortierte Waren) anboten.

Für die Inhaber der ursprünglichen Marken- und/oder Patentrechte ist es in der Praxis nicht einfach, die Produktfälschungen aus den chinesischen E-Commerce-Seiten zu entfernen. Selbst vor dem Hintergrund, dass es in den letzten Jahren Verfahrensvereinfachungen gab, ist es immer noch mit außerordentlich großen Schwierigkeiten verbunden, die Produktfälschungen entfernen zu lassen. De facto ist es für den Rechtsinhaber ohne die Hinzuziehung qualifizierter Hilfe faktisch unmöglich dieses selbst zu bewerkstelligen.

Ein entscheidender Faktor bei der Beseitigung von Produkten aus Online-shops und Multi- Media Plattformern in China ist, dass es sich auch wirklich um ein gefälschtes Produkt handelt und nicht nur um ein Produkt, dass über einen illegalen Vertriebsweg angeboten wird, z.B. durch Chinesen unbefugt inportiert und dann zum Kauf in China angeboten.

Für den Fall, dass die IP-Rechte eines Dritten (dem Rechteinhaber) verletzt werden, besteht bei allen großen E-Commerce-Webseiten, einschließlich Alibaba und JD, ein festgelegter interner Prozess, der durchlaufen werden muss um Produktfälschungen dort entfernen zu können. Um diesen Prozess in Gang zu setzen, muss der Rechteinhaber jedoch zwingend des Chinesischen mächtig sein, da es auf Englischer Sprache keine Möglichkeit gibt, dass Verfahren in Gang zu setzten. Hinzu kommt, dass teilweise auch die Übermittlung von Beweisen und Dokumenten verlangt wird, die der Rechteinhaber ohne anwaltlichen Rat nicht ohne weiteres beibringen kann.

Im Allgemeinen kann eine Klage gegen den Betreiber einer Online Plattform, oder eines social media accounts nur als ultima ratio in Betracht kommen. Den Klagen in China sind grunds. mit hohen Kosten und vor allem einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden. Man sollte also nur zu diesem Instrument greifen, wenn jede andere Takedown-Aktion fehlschlägt.

Eine in dieser Hinsicht interessanteren Klagen der letzten Jahre gegen Alibaba begründete sich auf der Beobachtung, dass in der Suchmaschine von Alibaba mehr gefälschte Produkte auf den vorderen Seiten auftraten, als die tatsächlichen Orginalprodukte unter dem gleichem Suchbegriff.

Um im Rahmen des Takedown-Verfahrens erfolgreich zu sein, muss der Rechtsinhaber zunächst Beweise anbringen und darlegen, dass es sich bei ihm um den tatsächlichen Inhaber der Marke- und/oder des Patentes handelt. Am einfachsten ist dieses zu erreichen, wenn man durch einen Markenurkunde, oder eine Patentschrift darlegen kann, dass man der Rechtsinhaber ist. Dieses kann durch eine Registrierung die weltweit erfolgt ist, glaubhaft gemacht werden.

Es ist jedoch ein erheblicher Vorteil, wenn Sie die Registrierung nicht nur irgendwo auf der Welt vorgenommen hatten, sondern in China selbst. Die E-Commerce-Plattform kann die Echtheit der Registrierung so viel einfacher erkennen und die Anfrage auf Löschung des Onlineshops bzw. des einzelnen Produkts kann einfacher und schneller vom System bearbeitet werden.

Hinzu kommt, dass einige wenige Online-Plattformen zur Darlegung der Rechtinhaberschaft nur Chinesische Registrierungen anerkennen. Dies ist leider immer noch der Fall, obwohl China die Berner Konvention unterzeichnet hat und sich und die heimischen Unternehmen dadurch verpflichteten, die Schutzrechte aller Unterzeichnenden Statten anzuerkennen.

Es stellt sich jedoch weitaus schwieriger dar, wenn jemand seine IP zuvor noch nirgendwo hat registrieren lassen. Man sollte gar nicht für möglich halten, dass es sich hierbei in der Praxis jedoch nicht um einen seltenen Fall handelt. In einem solchen Fall wird ein effektiver Rechtsschutz in China jedoch leider ziemlich schwierig. Vor diesem Hintergrund ist es ratsam für einen effektiven Marken- und/oder Patentrechtsschutz zu sorgen, bevor Sie den Chinesischen Markt betreten. Im Notfall sollten man versuchen, noch auf die Schnelle eine Anmeldung in China durchzuführen, in der Hoffnung, dass der Verletzer einem nicht bereits zuvor gekommen ist, was in den meisten Fällen so gelagert sein wird.

Zudem muss berücksichtigt werden, dass sich das Takedown-Verfahren jedes Anbieters unterscheidet. Die Unterschiede zwischen den Anbietern sind massiv. Will man erfolgreich sein, muss man jedoch die genauen Vorgaben des Anbieters kennen und sich daran halten. Manche Anbieter setzen zum Beispiel die Benutzung einer bestimmten Onlinemmaske voraus, durch und über die Informationen und Dokumente übermittelt werden müssen. Beispiele hierfür sind Taobao und Tmall die beide über die folgende Webseite ipp.alibabagroup.com operieren. Die Alibaba Group fordert den IP-Inhaber auf, neben den Nachweisen der Rechtinhaberschaft auch Hyperlinks zu den Shops mit den gefälschten Produkten zu übermitteln, die genauen Verstöße darzulegen und im Falle einer anwaltlichen Vertretung, entsprechende Vollmachten beizubringen.

Hingen besteht bei kleineren Webseiten meistens die Möglichkeit, die verantwortlichen Personen direkt zu kontaktieren. Gerade die kleinen Webseiten wollen durch schnelles Handeln verhindern, dass sie aufgrund des Angebotes von gefälschten Produkten über Ihre Kanäle von den Rechteinhabern verklagten werden, da oft die eigenen Recoursen gering sind.

Ein häufiger Fall ist auch, das ehemalige Vertriebspartner in China Restbestände online anbieten, obwohl Sie hierzu vertraglich nicht mehr berechtigt sind. Es liegen also keine Produktfälschungen im klassischen Sinne vor, sondern es handelt sich dabei vielmehr um einen Fall des Verkaufes über einen nicht autorisierten Vertriebsweg. Auch für diese Fallkonstellation bieten die einzelnen Systeme unterschiedliche Takedown-Verfahren an. Im Rahmen dieser Verfahren, muss der Rechtsinhaber beweisen, dass die Bescheinigung, oder der Vertrag, der den ehemaligen Partner berechtigte die Waren anzubieten, abgelaufen, nicht mehr gültig, oder ordnungsgemäß gekündigt worden ist.

Sollten Sie die Schließung eines Verkaufskanals erreicht haben, bedeutet dieses für den Rechteinhaber jedoch oft nicht das Ende der Fahnenstange. Häufig geben die Anbieter nicht auf und versuchen die gefälschten Produkte über andere Kanäle, oder Strohmänner, die dann neue Onlineshops eröffnen, anzubieten. Vor diesem Hintergrund ist es ratsam mit Fachleuten wie uns, eine gemeinsame Strategie zu entwickeln, wie man diesem Handeln vorbeugen kann, oder aber, wie man im nächsten Schritt reagieren sollte um gerade diees zu verhindern. Insbesondere muss ein effektiver Weg gefunden werden, um in Zukunft die Verluste, die durch die Produktfälschungen in der Vergangenheit entstanden waren, zu vermeiden, oder mindestens zu minimieren. Auch vor diesem Hintergrund haben mehr und mehr berühmte internationaler Marken, darunter auch Apple, Burberry, Louis Vuitton, Cartier, Nike etc. eine Kooperation mit den großen E-Commerce-Plattformen wie Alibaba aufgebaut, wie das Beispiel “Alibaba family sites against counterfeiting products”, zeigt.

Um das Auftreten von Produktfälschungen zu verhindern und die einzelnen Shops stärker zu regulieren, hat die größte E-Commerce-Plattform Taobao ein internes System entwickelt und aufgebaut, wie die schwarzen Schafe unter den Online-shop-Betreibern bestraft werden können und auch in Zukunft veranlasst werden sollen, keine gefälschten Produkte anzubieten. Jeder Shop ist hiernach zu bestrafen, wenn bestätigt werden kann, dass gefälschte Waren angeboten werden oder von Rechten Dritter illegal Gebrauch gemacht wird. Die Höhe der Strafe hängt dann davon ab, wie ernst der Umstand ist. Eine Verletzung mit großem Einfluss kann direkt zur Schließung eines Shops führen. Es ist jedoch nicht immer ganz klar, wie man diesen Begriff definiert und den entsprechenden Umstand darlegt. Am ehesten ließe sich dieses wahrscheinlich durch die Heranziehung von Umsatzzahlen und der Masse der getätigten Verkaufstransaktionen beweisen.

Überdies werden Produktfälscher immer erfinderischer und suchen neue Kanäle um Ihre Waren anzubieten. So erscheinen immer häufiger Anzeigen von gefälschten Produkten auch auf Social Media Plattformen in China, wie Weibo ("Chinese Twitter") und WeChat (eine Kombination von Whatsapp und Facebook). Hier werden Fälschungen meistens über private accounts angeboten, die sich schnell eröffnen und auch wieder schließen lassen. Hiergegen vorzugehen, ist besonders schwierig.

Um für unsere Mandanten schnell reagieren zu können, haben wir ein eigenes offizielles Weibo-Konto eingerichtet , das uns berechtigt, die Entfernung von Links und Anzeigen zu veranlassen, die die Rechte unser Mandanten verletzen. Um hier einen Takedown zu erreichen müssen die folgenden Dokumente an an Weibo zu übermittelt werden: (i) Ihre "Geschäftslizenz (Handelsregisterauszug)" (ii) alle IP-Registrierungsunterlagen , wie Marken- und Patenturkunden (iii) eine Bestätigung das diese echt sind, am besten durch notarielle Beglaubigung und (iiii) eine Vollmacht. Danach ist es an uns zu beweisen, dass es eine Verbindung zwischen den gefälschten Waren und der verletzten IP besteht. Alle Dokukente müssen natürlich auf Chinesisch eingereicht werden, was die Sache nicht unbedingt erleichtert. Leider dauert die Prüfung durch die Anbieter meist unverhältnismäßig lange. Es ist zu hoffen, dass sich dieses im Sinne der Rechteinhaber in Zukunft beschleunigen wird. Wenn es zu einem positiven Ergebnis kommt und dass ist hier erfahrungsgemäß nicht immer gewährleistet, dann wird der verletzenden Partei verboten, die gleichen, die Rechteinhaberschaft verletzenden Informationen, erneut zu veröffentlichen. Sollten sich die Verletzer wehren und die Verletzungen abstreiten, ist es an der Rechtsabteilung der Social Media Seite, den Streit zu schlichten. Auch hier ist oft nur unter erheblichem Druck mit vertretbaren Ergebnissen zu rechnen. Allerdings wehren sich die Fälscher nur in Ausnehmefällen, meistens verschwinden diese einfach.

Mit anderen Worten, planen Sie zuerst den Schutz Ihrer Rechte in China, um später erfolgreich bei takedowns sein zu können!